Die WHO hat Stress „zur größten Gesundheitsgefahr des 21. Jahrhunderts“ erklärt. Stress hat ein negatives Image, wobei völlig außer Acht gelassen wird, dass Menschen über entwicklungsgeschichtlich alte, bewährte biologische Stressbewältigungssysteme verfügen, weil Stress ein Teil unseres Lebens ist. Stress unterstützt unsere Entwicklung und hilft uns, schwierige Situationen zu meistern. Aber: chronischer, anhaltender Stress schränkt unsere Leistungsfähigkeit ein, erschöpft und kann seelische und/oder körperliche Krankheit zur Folge haben. Entscheidend ist, ob es einer Person gelingt, Stress angemessen zu bewältigen, sie über eine gute Stressregulation verfügt. Dazu bedarf es eines abgestimmten Zusammenwirkens biologischer, kognitiver, und emotionalen Faktoren, so dass wir uns selbst beruhigen können. Beispiel hierfür ist die Mutter, die ihren weinenden Säugling beruhigt – sie nutzt alle Sinne dafür. Die polyvagale Theorie von PORGES ist ein evolutionsbiologisches Modell der biologischen Stressbewältigung, das diese Zusammenhänge sehr gut beschreibt und auch für die Behandlung von stressassoziierten Krankheiten eine große Bedeutung hat. Während „Stressoren“ regelhaft in Anamnesegesprächen erfasst werden, ist die Diagnostik zur Funktionsfähigkeit der biologischen Stressregulation noch wenig verbreitet. Durch die Bestimmung biologischer Marker sind differenzierte Aussage zur Biologie der Stressregulation auch im therapeutischen Alltag möglich.

Wir wollen uns im Kurs mit Stress, stressassoziierten Symptomen, insbesondere Erschöpfung und Burnout beschäftigen. Sie lernen diagnostische Instrumente zum Erfassen von individuellem Umgang mit Stress und Erschöpfung kennen. Ein Schwerpunkt ist die Vermittlung der polyvagalen Theorie von PORGES und die Bestimmung biologischer Marker. Die Messung der Herzratenvariabilität (HRV) wird demonstriert. Die Bestimmung der Cortisolaufwachreaktion (CAR) wird in ihrem Ablauf und ihrer Bedeutung für Symptomatik und Therapieplanung vorgestellt. Schließlich wollen wir uns am Beispiel des ZRM Trainings mit Interventionsmöglichkeiten bei gestörter Stressregulation beschäftigen.

Der Kurs bietet eine Abfolge von Impulsreferaten, interaktivem Austausch und Praxisbeispielen. Gerne können Sie eigene Behandlungs/Coachingfälle mitbringen, die wir mit dem psychobiologischen Wissen um die Stressregulation beleuchten können.

Voraussetzung für das Seminar ist Interesse und Neugier, psychobiologisches Wissen aus der Grundlagenforschung für die eigene Praxis nutzbar zu machen.

Literaturempfehlungen:

Storch, J., Olbrich,D. & Storch,M. (2018). Burn-out, ade. Wie ein Strudelwurm den Weg aus der Stressfalle zeigt. Hogrefe.

Porges, S.W. (2010)Die Polyvagaltheorie. Junfermann.